Vor dem Hintergrund eines steigenden Gewaltpotenzials innerhalb der Gesellschaft sehen sich Ersthelfer, Rettungskräfte und Kliniken zunehmend mit Übergriffen konfrontiert. So ergab eine Studie der Ruhr-Universität Bochum, dass allein jeder achte Retter Opfer körperlicher Gewalt ist.
Auch in der Psychiatrie ist eine Zunahme der Gewaltbereitschaft messbar: Von 2010 bis 2017 hat sich die Zahl der Gewaltvorfälle im Alexianer St. Joseph-Krankenhaus Berlin-Weißensee in Relation zur Fallzahl verdoppelt. Dieser Entwicklung begegnet das Haus mit der Implementierung des zertifizierten und von den Unfallkassen und Berufsgenossenschaften anerkannten Professionellen Deeskalationsmanagements (ProDeMa).
Was ist ProDeMa?
ProDeMa ist ein umfassendes, mehrfach evaluiertes, patentiertes und urheberrechtlich geschütztes Präventionskonzept zum professionellen Umgang mit Gewalt und Aggression.
Es dient der Verhinderung aggressiver Verhaltensweisen beziehungsweise vermindert deren Entstehung. Eskalationen werden durch professionelle Grundhaltungen im Umgang mit Aggressionen und durch spezialisierte verbale Deeskalationstechniken vermieden. Verletzungen von Personal und Patienten bei An- oder Übergriffen werden durch verletzungsfreie Abwehr- und Fluchttechniken sowie entsprechende Immobilisationstechniken verhindert.
Warum ProDeMa?
Dieses Deeskalationsmanagement fokussiert sich nicht nur auf Mitarbeitende, sondern dient in besonderer Weise auch den Patienten.
Mitarbeiter, die die viertägige ProDeMa-Schulung absolviert haben, sind in der Lage, professionell mit herausfordernden Verhaltensweisen umzugehen. Sieht sich der Mitarbeitende mit einem scheinbar aggressiven Verhalten konfrontiert, ist er darin geschult, die Ursachen dieses Verhaltens gemeinsam mit dem Patienten herauszuarbeiten. Durch das videogestützte Situationstraining erlernen Mitarbeiter Gesprächstechniken, die den Patienten, der den Kontakt zu sich und seiner Umwelt verloren hat, wieder zu sich zurückführen.
War die Deeskalation erfolgreich, bietet sich dem Patienten die Chance, auf Lösungen, die auf eigenen Erfahrungen beruhen, zurückzukommen oder neue Lösungsstrategien zu entwickeln. Folglich wird die Gewaltspirale aufgebrochen, es existiert nun kein Grund mehr, in der Gewalt zu verharren. Somit sind Mitarbeiter und Patient besser geschützt.
„Wir begreifen Deeskalation als Managementaufgabe, denn die Sicherheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie unserer Patientinnen und Patienten hat für uns höchste Priorität.“ Dr. med. Iris Hauth
Seit Oktober 2018 ist Friedemann Krispin als Krankenpfleger und ausgebildeter ProDeMa-Trainer in der Klinik tätig ist. Im Dezember 2018 wurde das Präventionskonzept im Rahmen eines Kick-off-Meetings vorgestellt. Seit Februar 2019 sind berufsübergreifend alle Mitarbeitenden mit Patientenkontakt dazu verpflichtet, eine ProDeMa-Schulung zu absolvieren.