Sport- und Bewegungstherapie für Patienten mit Morbus Parkinson

Dr. med Thomas Müller

Das Parkinson-Syndrom gehört zu den häufigsten Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Die Erkrankung, an der in Deutschland mehr als 250.000 Menschen leiden, geht mit unterschiedlichen Bewegungsstörungen einher. Das Beschwerdebild beruht auf einem vorzeitigen allmählichen Untergang bestimmter Nervenzellen im Gehirn, der zu einem Mangel an wichtigen Botenstoffen, vor allem Dopamin, führt. Diese degenerativen Prozesse finden vorwiegend in Gehirnarealen statt, die die Bewegungskontrolle, aber auch Stimmung, Schlaf und Denken beeinflussen. Die Erkrankung wird symptomatisch durch die Gabe von Medikamenten, die auf das dopaminerge System wirken, behandelt. Ergänzend können Betroffene von nicht-pharmakologischen Therapieformen wie Bewegungs- und Sporttherapie profitieren.

Im Zentrum für Parkinsontherapie der Klinik für Neurologie am Alexianer St. Joseph-Krankenhaus Berlin-Weißensee, das Betroffenen eine multimodale Parkinson-Komplexbehandlung bietet, nimmt die Sport- und Bewegungstherapie einen hohen Stellenwert ein.

„Als Ergänzung zu den individuellen pharmakologischen Therapieformen zeigt die Sport- und Bewegungstherapie eine positive Wirkung auf Schmerzen, Kraft, Gleichgewicht, Gangmuster und -geschwindigkeit. Sie trägt also dazu bei, Funktionen zu erhalten und verhindert die Anpassung der Betroffene an die Erkrankung. Zudem kann die Bewältigung von Aktivitäten des täglichen Lebens durch dieses therapeutische Angebot erleichtert werden", erklärt Prof. Dr. med. Thomas Müller.

Im Vordergrund des körperlichen Trainings steht zum einen die Erhaltung von Funktionen. Zum anderen soll verhindert werden, dass sich Betroffene an die Erkrankung anpassen. Tippelschritten beispielsweise, die durch Angst vor Stürzen entwickelt werden, soll gezielt entgegengewirkt werden.

Fest integriert in den Behandlungsansatz ist das Bogenschießen. „Es trainiert die Arm-, Hand-, Nacken- und Schultermuskulatur und baut die Rumpfstabilität weiter auf", erläutert Udo Lange, Sport- und Bewegungstherapeut am Alexianer St. Joseph-Krankenhaus. Erkrankte könnten so ihre Balance verbessern. Durch das Zusammenspiel von Auge und Hand wird gleichzeitig die Koordination gefördert.

Wirksame Therapiebausteine sind auch Tai Chi, Tanztherapie und Yoga

„Keep Moving ist eine spezielle Tai Chi-Methodik, die an die Gegebenheiten und Bedürfnisse von Parkinson-Patienten angepasst ist", erklärt Mirko Lorenz, der das Trainingskonzept Keep Moving entwickelt hat. „Dadurch entsteht ein einfaches, aber sehr effektives Bewegungssystem, das sich an Menschen richtet, die von einem leichten bis mittelschweren Parkinsonsyndrom betroffen sind", berichtet der Therapeut. „Tai Chi stärkt das Gleichgewicht, fördert die Entspannung und Beweglichkeit sowie die Körperkontrolle und Motorik", führt Lorenz aus.

Tanzen hat einen positiven Einfluss auf Balance und Gang. Es hilft, das sogenannte Freezing-Phänomen, eine Muskelstarre, die zu den häufig auftretenden Symptomen der Parkinson-Erkrankung gehört, zu überwinden. „Rhythmusbrüche in der Musik lassen Patientinnen und Patienten ihre Bewegungen immer neu ansetzen. Tanz kann so Betroffene lehren, die Muskelstarre zu überwinden", berichtet Birgit Adamczewski, Tanztherapeutin am Alexianer St. Joseph-Krankenhaus.

Yoga fördert nicht nur den Stressabbau

Auch Yoga kann die Symptomatik von Parkinson-Betroffenen lindern. Die Vinyasa-Flow-Yogalehrerin Verena Lowitzsch unterrichtet einen Yogakurs speziell für Patientinnen und Patienten der Klinik für Neurologie. Das Training zielt grundsätzlich auf Ausdauer, Kraft und Flexibilität ab. Zudem wird der Fokus auf Gleichgewicht und Koordination gelegt. „Im Yoga achten wir besonders auf die Atmung, wodurch eine Entspannung entsteht. Der Stressabbau wird auf diese Weise ebenfalls gefördert", erklärt Lowitzsch. Ihr Programm ist auf die Bedürfnisse der Erkrankten abgestimmt. Abhängig von Schweregrad und Symptomatik sind die Yogaübungen adaptierbar. So können auch Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer an den Einheiten teilnehmen.

„Neben der Erhaltung von Funktionen dienen Sport- und Bewegungstherapie zudem der sozialen Aktivierung. Das gemeinsame Sporttreiben fördert auch das psychische Wohlbefinden.", erläutert Müller abschließend.