Die Welt auf neue Weise erleben

ACT

Mit dem Therapieverfahren ACT erweitert das Alexianer St. Joseph-Krankenhaus das Angebot für Patienten mit Depression

In diesen Tagen startet die Station St. Vitus, eine Akutstation mit Schwerpunkt auf der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit einer depressiven Erkrankung, mit der Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT). Dieser verhaltenstherapeutische Ansatz der dritten Welle der Verhaltenstherapie, der darauf abzielt, Vermeidungsverhalten in Bezug auf unangenehme Erlebnisse abzubauen und gleichzeitig Akzeptanz („Acceptance“) sowie wertebezogenes, engagiertes Handeln („Commitment“) aufzubauen, wurde in den 1990er-Jahren durch den amerikanischen Psychiater Steven C. Hayes entwickelt. ACT fordert auf, die Welt auf eine neue und sinnvolle Weise zu erleben.

„Insbesondere die achtsame, nicht bewertende Akzeptanz eigener negativer Gedanken ermöglicht eine neutrale Distanzierung. Verbunden mit einer Werteorientierung (Was ist mir wichtig und wertvoll?) kann das Therapieverfahren, das wir gerade einführen, dabei helfen, achtsames, wertegeleitetes Handeln zu steigern, also ein Commitment abzuleiten“, erklärt Dr. med. Manuela Nunnemann, Oberärztin der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Alexianer St. Joseph-Krankenhauses Berlin-Weißensee, die diesen verhaltenstherapeutischen Ansatz in das Gruppentherapieprogramm aufgenommen hat. 


Sechs Kernprozesse

Die Behandlung umfasst sechs Kernprozesse, die ineinander übergehen: die Akzeptanz, also das Sichöffnen, die Defusion, die das Beobachten der eigenen Gedanken beinhaltet, das Selbst als Kontext, womit die Schärfung des wahrnehmenden Selbst gemeint ist, das engagierte Handeln, also zu tun, was wichtig ist, sowie die Werte, zu wissen, was wichtig ist, und der Kontakt mit dem jetzigen Moment, das im Hier und Jetzt zu sein. Diese Kernprozesse beinhalten die psychische Flexibilität, die es zu steigern gilt. Denn nicht schwierige Emotionen oder dysfunktionales Denken, sondern die krampfhaften Versuche, ungewolltes Erleben zu kontrollieren beziehungsweise beseitigen zu wollen, führen zu psychischer Inflexibilität und damit zu psychischem Leiden verbunden mit der Einengung des Verhaltens- und Lebensspielraums. 


„Die ACT ist eine erlebnisorientierte Therapie, die mit verschiedenen Übungen praxisnah umgesetzt wird. Das Handeln sollte von den persönlichen zentralen Werten geleitet sein, um das Verhalten entsprechend der Art von Mensch, der man sein möchte, zu gestalten. Im Mittelpunkt stehen dabei Fragen wie: Wofür will man im Leben eintreten? Was ist einem in der Tiefe des Herzens wirklich wichtig? Wie möchte man sich selbst, andere und die Welt um sich herum behandeln? Woran sollen sich die Menschen erinnern, wenn man gestorben ist? Letztlich geht es darum, das menschliche Potenzial für ein reiches und sinnvolles Leben zu maximieren, während zugleich mit Leid, das das Leben unvermeidlich begleitet, effektiv umgegangen wird“, zitiert die Oberärztin den Psychiater Harris. 

Zunächst bezieht sich die Angebotserweiterung auf Patienten mit einer Depression. Im Verlauf soll dieser Behandlungsansatz störungsübergreifend auch Patienten mit psychotischen Störungen zugutekommen.