Helferin der Woche: Genesungsbegleiterin Christine Förster

Christine Förster

, Alexianer St. Joseph-Krankenhaus Berlin-Weißensee

„Psychisch erkrankte Menschen in einer akuten Krise zu unterstützen, macht meine Arbeit als Genesungsbegleiterin aus. Ich reflektieren meine eigenen Erfahrungen und Bewältigungsstrategien und bringe diese aktiv in die Behandlung ein. Ich bin also Expertin aus Erfahrung“, erklärt Christine Förster.

Auf das Berufsbild der Genesungsbegleiterin und die Ausbildung als EX-IN wurde Förster im Rahmen einer Informationsveranstaltung über Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen zu unterschiedlichen psychischen Herausforderungen aufmerksam. „Damals war ich nach meiner Rückkehr als Entwicklungshelferin in Afrika auf der Suche nach einer neuen Perspektive“, sagt sie. Nach der Informationsveranstaltung war für Förster klar, dass sie die Ausbildung zur Genesungsbegleiterin absolvieren möchte.

„Da ich in der Vergangenheit selbst die Erfahrung einer psychischen Krise gemacht und auch stationäre Aufenthalte erlebt habe, kann ich mich sehr gut in der Lage der Patienten einfühlen Die Beratung und Begleitung, für den Menschen da zu sein und ihm das Gefühl zu vermitteln, dass es sich zu leben lohnt, ist mein Anliegen. Auch in der schwersten psychischen Krise ist die Hoffnung auf Genesung zu erkennen. Und diese möchte ich vermitteln. Für mich steht die Genesung im Vordergrund, nicht die Erkrankung“, betont sie.

„Praktisch sieht meine Arbeit so aus, dass sie mit Morgenspaziergängen beginnt, in denen das zwanglose Gespräch im Vordergrund steht, wobei dieses beispielsweise auch bei Gesellschaftsspielen oder in ähnlichen Situationen entstehen kann. Entscheidend ist es, eine Vertrauensbasis aufzubauen. Ich versuche immer, auf die individuellen Bedürfnisse einzugehen und den Patienten das Gefühl zu geben, dass sie nicht alleine sind und ich mich wirklich in ihre Situation einfühlen kann. Es ist mir ein Anliegen, die Patienten wieder dahin zu bringen, ihre Ressourcen zu erkennen, und ihnen zu vermitteln, wie sie Stück für Stück wieder Verantwortung für sich selbst übernehmen und natürlich auch gut für sich sorgen können. Hier steht die Motivation der Patienten stark im Vordergrund. Fragen wie beispielsweise „Was machst du gerne? Was bereitet dir eine Freude? Was tut dir gut?“ können helfen, um sich Gutes und Positives wieder in Erinnerung zu rufen.

Ich biete wöchentlich vier verschiedene Gruppen an – eine Kreativ-, eine Musik-, eine Entspannungs- und eine Bewegungsgruppe.

 

Hintergrund

Die Einbeziehung von Erfahrungsexperten in die Behandlung von Menschen mit psychischer Erkrankung ist aus Fachkliniken für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik nicht mehr wegzudenken. Der Begriff EX-IN, Experienced Involvement ausgeschrieben und aus dem Englischen mit Einbeziehung Erfahrener übersetzt, steht in diesem Zusammenhang für ein 2005 von der Europäischen Union aufgelegtes Modell. Dieses basiert auf der Überzeugung, dass Menschen, die selbst psychische Krisen durchlebt haben, ihre persönlichen Erfahrungen nutzen können, indem sie ihrer Bewältigungsstrategien reflektieren, um andere Menschen in ähnlichen Situationen zu unterstützen und ihnen Hoffnung zu vermitteln.

Seit 2012 arbeitet das Alexianer St. Joseph-Krankenhaus Berlin-Weißensee mit Genesungsbegleitern. Ein erster angehender Erfahrungsexperte leistete im Rahmen seiner EX-IN-Ausbildung ein Praktikum auf der Station 5. Sukzessive wurden Praktikanten auch auf anderen psychiatrischen Stationen eingesetzt. In den ersten Jahren lag ihre Zahl bei drei bis fünf Praktikanten pro Jahr.

Fest angestellte Genesungsbegleiter beschäftigt das Krankenhaus seit 2014. Derzeit besteht das Team aus sechs Erfahrungsexpertinnen und -experten.