Neu im Alexianer St. Joseph-Krankenhaus: Augmentierte Realität und Virtual Reality in der Therapie von Angststörungen

Augmentierte Realität und Virtual Reality in der Therapie von Angststörungen

, Alexianer St. Joseph-Krankenhaus Berlin-Weißensee

In Deutschland sind jedes Jahr etwa 27,8 Prozent der erwachsenen Bevölkerung von einer psychischen Erkrankung betroffen. Das entspricht rund 17,8 Millionen betroffenen Personen. Zu den häufigsten Erkrankungen zählen mit 15,4 Prozent die Angststörungen. Dies geht aus den Basisdaten Psychische Erkrankungen der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) aus dem Januar 2022 hervor. Um Patientinnen und Patienten, die an einer Angststörung leiden, auch nach der stationären Behandlung gezielt begleiten zu können, hat sich das Alexianer St. Joseph-Krankenhaus Berlin-Weißensee im Rahmen des Digitalen Psychotherapie-Netzwerkes (DPN) für ein innovatives Versorgungsangebot entschieden, das einen vollständig digital gestützten Behandlungspfad für Patientinnen und Patienten mit Angststörungen anbietet.

„Mit der Covid-19-Pandemie hat die Zahl der von einer Angststörung betroffenen Patientinnen und Patienten weiter zugenommen“, stellt Dr. med. Iris Hauth, Ärztliche Direktorin und Regionalgeschäftsführerin des Alexianer St. Joseph-Krankenhauses Berlin-Weißensee, fest. „Während der Pandemie haben wir insbesondere während des Lockdowns Videosprechstunden angeboten“, führt sie aus. Dieses Format habe gut funktioniert, die digitale Psychotherapie sei von den Patientinnen und Patienten sehr gut angenommen worden und sei wirksam gewesen. „Insgesamt hat die Digitalisierung des Gesundheitswesens mit der Pandemie einen großen Schub erfahren. Die Nutzung sogenannter digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGAs), also ärztlich verschriebener Apps zur Behandlung psychischer Erkrankungen, habe deutlich zugenommen. Wichtig sei es, dass diese Apps nicht ohne ärztliche Begleitung genutzt würden. 


Innovatives Versorgungsangebot mit vollständig digital gestütztem Behandlungspfad

„Im Rahmen des Digitalen Psychotherapie-Netzwerkes (DPN) haben wir uns als Fachkrankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik entschieden, ein innovatives Versorgungsangebot mit einem vollständig digital gestützten Behandlungspfad für unsere Patientinnen und Patienten mit Angststörungen anbieten“, erklärt die Fachärztin. Aktuell warteten circa 30 Patientinnen und Patienten auf den Start, der zeitnah erfolge. 

Eingesetzt wird das digitale Psychotherapie-Tool „Invirto“ des Hamburger Startups Sympatient. Dem Selektivvertrag mit der Techniker Krankenkasse haben sich bereits weitere Kostenträger angeschlossen.
Das Versorgungskonzept nutzt eine innovative technologische Plattform und wurde im Rahmen einer randomisiert-kontrollierten Studie auf Wirksamkeit evaluiert. Dabei konnten für das neuartige Versorgungskonzept solide Behandlungseffekte nachgewiesen werden.


Expositionstraining in virtueller Realität

Eingebettet in ein persönliches Psychotherapie-Setting nutzen Patientinnen und Patienten eine Psychotherapie-App, bearbeiten psychoedukative und kognitive Inhalte in Eigenarbeit und führen, angeleitet durch die Behandlerinnen und Behandler, ein störungsspezifisches und manualisiertes Expositionstraining durch. Hierbei werden Szenarien in virtueller Realität eingesetzt, die den Patientinnen und Patienten ein niedrigschwelliges und dennoch effektives Üben ermöglichen.

Der digital gestützten Behandlung liegt jeweils ein persönliches Gesprächs-Setting durch Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten des Alexianer St. Joseph-Krankenhauses zugrunde. Nach einem Erstgespräch in Präsenz starten Patientinnen und Patienten mit der eigenständigen Bearbeitung der App-gestützten Behandlungsinhalte. Im Therapieverlauf erhalten sie weitere Gesprächskontakte mit den Behandlerinnen und Behandlern. Hierdurch sollen Ressourcen aktiviert und Selbstwirksamkeit in der Psychotherapie gezielt gefördert werden. Für Behandlerinnen und Behandler bietet der Einsatz digitaler Unterstützung für die Behandlung mehr Freiraum für individuelle Gestaltung der Begleitung.

Niedrigschwelliges Therapieangebot

Die nach erfolgter Diagnostik im Behandlungsverlauf folgenden psychotherapeutischen Gespräche können abhängig von Fallkonstellation, Präferenz und organisatorischer Aspekte wie beispielsweise Anfahrtswege und psychosoziale Aspekte, wahlweise im Video-Kontakt oder persönlich wahrgenommen werden. 

Für die Versorgung bedeutet dies, dass mehr Patientinnen und Patienten mit den Diagnosen Agoraphobie, Panikstörung oder Sozialer Phobie ein niedrigschwelliges und zugängliches Therapieangebot gemacht werden kann. Durch enge Zusammenarbeit mit den Kostenträgern gelingt es zudem, dass eine gezielte verhaltenstherapeutische Intervention oft schon vor der Chronifizierung und der Entwicklung relevanter Komorbiditäten angeboten werden kann. Die vollständig kostenerstattete Behandlung kann weitgehend ohne Wartezeiten in Anspruch genommen werden.